„Print hat Zukunft, aber das Geschäftsmodell ändert sich. Derzeit sind wir in der unerquicklichen Situation, dass wir nicht wissen, wie man mit Medien Geld machen kann. Es gibt derzeit viele verschiedene Experimente, aus denen man lernen kann“, hielt Miranda Mulligan im eingespielten Video fest, das ich bei meinem Besuch im Knight Lab an der Northern University (Chicago) mit der umtriebigen Pionierin aufgenommen habe. „Durch das Internet ist es für Journalisten leichter geworden, Unternehmer zu werden also sein Ding zu publizieren und Eigentümer seines Produktes zu bleiben“
Neue Möglichkeiten eröffnet der Datenjournalismus. Große Datenmengen werden so aufbereitet, dass sie für die User oder Leser leicht zu verstehen oder interaktiv nutzbar sind. „Dafür gibt es relative einfache Tools von der Stange oder man bastelt sich selbst eine Datenbank“, referierte die stellvertretende Chefredakteurin der Süddeutschen Online, Julia Bönisch im Workshop. So entwickelte die Süddeutsche eine interaktive Map „360 Grad Problemstraßen in München“, die gefährliche Hotspots für Radfahrer aufzeigt. Die User können Fotos posten und Problemzonen melden. Der Durchbruch an Klicks kam aber erst mit der Möglichkeit, die ins Netz gestellten Gefahrenpunkte zu voten.
Um selbstgestrickten Datenbanken zu entwickeln, braucht es ausreichend Freiraum in den Redaktionen und keine ultimativen Deadlines, fasst Bönisch ihre Erfahrungen zusammen. Die Datenbank darf auch nicht überfrachtet und gleich für mehrere „Geschichten“ nutzbar sein. „Sonst lohnt sich der Aufwand nicht“.
Dass Datenjournalismus ein neues Zusammenspiel zwischen Redakteuren, IT-Spezialisten und Gestaltern (Designern) notwendig macht, führten Standard-Chefredakteurin Dr. Alexandra Föderl-Schmid und „ihr“ Datenjournalist Markus Hametner den Workshop-Teilnehmerinnen vor Augen. So fanden Redaktion und IT-Techniker Hametner eine Möglichkeit, alle bisher eingebrachten Petitionen auf einen Blick sichtbar zu machen und zu zeigen, wie sich die Bürgerbeteiligung in Österreich in den letzten Jahren verstärkt hat. Dafür mussten Datenkolonnen von der Parlaments-Homepage heruntergeladen und in eine kleine Datenbank eingespeist werden, die der IT-Spezialist in wenigen Tagen zusammenstellte.
Ein weiterer Ausweg aus der Medienkrise zeigte Silvia Jelincic beim 16. Journalistinnenkongress mit ihrem Start-up auf, die Online-Plattform fischundfleisch.at. Wer will, kann Beiträge einschicken, die von der Redaktion begutachtet und eventuell ins Netz gestellt werden. Dafür bekommen die Schreiber 50 bis 100 Euro pro Blog. Mit etwas Glück dürfen sie Promis wie Conchita Wurst einen Tag lang begleiten und beschreiben. „Wenn wir wachsen, spucken wir mehr Geld aus“, versprach die Gründerin vor den rund 300 Kongressteilnehmerinnen. Geld will sie nicht durch „fade“ Werbeinschaltungen verdienen, sondern eher durch geschickte Platzierung von Werbebotschaften auf den T-Shirts ihrer journalistischen Akteure. Der Start der Plattform lief besser als erwartet, ob sie wirtschaftlich erfolgreich sein wird, liegt in den Sternen.
ORF-Fernsehdirektorin Mag. Kathrin Zechner ortet mediale Innovationen primär bei den öffentlich-rechtlichen TV-Anstalten, während Privatsender oft nur auf „Variationen des Bewährten“ setzten, weil sie Angst vor Innovationen hätten und ihnen Mut zur klaren Haltung fehle. Sie, die früher gegen eine Frauenquote war, bekennt sich jetzt dazu. Aus einem pragmatischen Grund: „Quoten wirken“ Auf mehr Frauenpräsenz setzt die ORF-Fernsehdirektorin auch im ORF selbst. In der Pressestunde wird es künftig „mindestens eine Frau, auch mal zwei“ geben und beim Eurosong Contest in Wien will sie viele Brücken bauen, auch zwischen Mann und Frau.
News-Gruppe Geschäftsführer Pirker sieht „im weiblichen“ Element eine Chance für Europa und die Medienbranche und setzt auf Frauenquoten. „Solange Frauen so krass in der Minderheit sind, bin ich für die Quote. Als Hilfsmittel oder Werkzeug, um eine Schieflage grade zu stellen“. Wie hoch die Quote sein soll, sagte er aber nicht.