Die Strategie des VW Konzerns liegt auf der Hand: Der Konzern bedient vorrangig nur jene Kunden, die rechtliche Trümpfe in der Hand haben. Die anderen sollen bleiben, wo sie sind. In den USA gibt es für Kunden stärkere rechtliche Schutzbestimmungen und die Grenzwerte für NOX sind obendrein viel niedriger ! In Amerika genügt daher auch kein Software-Update, um auf die vorgeschriebenen NOX-Werte zu kommen. Nur logisch, dass die dort verkauften Manipulationsautos zum Großteil von VW zurückgekauft werden müssen. Die 5.000 Dollar-Gutschriften für Kunden sind dort auch nur ein Mittel zum Zweck: Damit wollen sich die Wolfsburger bessere Karten im Vergleichs-Verfahren sichern. (Nähere Details zu dem beschlossenen Vergleich gibt es bisher nicht.)
Die besseren rechtlichen Voraussetzungen für US-Kunden sollten für VW trotzdem kein Grund sein, seine europäischen Kunden derart links liegen zu lassen. Schließlich geht es darum, verlorenes Vertrauen so rasch als möglich aufzubauen. Rein verbal läßt VW Chef Müller zwar keine Gelegenheit aus, um zu betonen, dass man das Vertrauen wieder herstellen wolle, so wie zuletzt in der Hauptversammlung. Doch den Worten folgen keine Taten!
Umso wichtiger ist es, dass die Kunden in Europa jede legale Möglichkeit ausnützen, um Druck auf den mächtigen Konzern aus zu üben. Das ist offensichtlich die einzige Sprache, die Konzernherren verstehen. Ein gute Möglichkeit für Kunden in Österreich ist es, sich an der Sammelaktion des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) zu beteiligen: 64.000 Interessierte aus Österreich haben sich bisher angemeldet und damit alle bisherigen Rekorde von Sammel-Aktionen gebrochen. Davon haben nach Angaben des VKI bereits 26.800 die Formulare komplett ausgefüllt. Knapp 100.000 geschädigte VW-Halter aus 26 Nationen haben sich für die Stichting Volkswagen Car Claim gemeldet, davon 24.700 aus Österreich, erfahre ich von Vertrauensanwalt des VKI, Eric Breiteneder, der diese holländische Stiftung eingefädelt hat.
Bis auf den Amarok ist bis dato kein Rückruf erfolgt. VW wollte offenbar nicht zugeben, dass das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) die vorgeschlagenen Verbesserungsmaßnahmen für den Passat oder den Tiguan bisher nicht freigegeben hat und …schweigt. Selbst bei jenen Modellen, deren Umbau von der Flensburger Behörde freigegeben wurden, handelt der Konzern noch immer nicht und lässt die Käufer manipulierter Audi 4, Audi 5, Audi 6, Q5 (2 Liter) und Seat Exeo (2 Liter) weiter zappeln.
In der Hauptversammlung gab VW Chef Müller nur zu, dass sich der Rückruf für das Massenfahrzeug Passat verzögert und man den Golf (2 Liter) vorziehen werde und 15.000 Golfs in die Werkstätten holen werde. Doch das Kraftfahrt-Bundesamt hat den Golf bis jetzt noch nicht offiziell frei gegeben. Was gilt also?
Professionelle Krisenkommunikation sieht anders aus. Wer verlorenes Vertrauen rasch wieder gewinnen will, muss angekündigte Schritte umsetzten und Änderungen nicht erst zugeben, wenn man sich nicht mehr verstecken kann.
Wenn gleichzeitig auch noch sichtbar wird, wie verbittert die Spitzenmanager und Eigentümer des Konzerns um ihre eigenen Vorteile und Rechte kämpfen (Gagen, Dividenden), gewinnt man den Eindruck, dass die Kunden an letzter Stelle stehen – vor allem die Kunden aus Europa.