Es ist ein ewiger Tanz zwischen Triumph und Niederlage, zwischen Begierde und Aggression, geboren 1880 in den Kneipen dieser Stadt aus der Sehnsucht der Einwanderer nach der verlorenen Heimat.
Diese Melodie des Ur-Tango spürst du auch als flanierende Touristin in den Straßen, aber auch am eigenen Leib: Wenn plötzlich aus dem Nichts angebliche Vogelscheiße auf das Hemd deines Begleiters fällt und ein Gauner euch zu beklauen versucht, indem er vorgibt, beim Reinigen zu helfen. Oder wenn ein anderer Ganove die Kamera zu entreißen probiert. Oder nach dem Geldwechseln – in einem empfohlenen Geschäft – sich auch ein paar Blüten unter den eingetauschten Scheinen befinden.
Tja, spätestens dann müssen selbst die begeisterten Buenos Aires Fans vor der harten Realität kapitulieren: In dieser lebensfroh pulsierenden Metropole mit ihren warmherzigen Menschen liegen Genuss und Verdruss wahrlich sehr ein nebeineinander.
25 Prozent Inflation, 8 Prozent Arbeitslosigkeit, die Wirtschaft nach Staatsbankrott und einem Zwischenhoch noch immer darnieder. Eine Staatspräsidentin, die sich gegen Vorwürfe rund um die Ermordung eines Staatsanwaltes verteidigen muss und zwischen der Rolle einer Hillary Clinton – toughte Politikerin und Anwältin- und einer Evita Peron taumelt.
Mit Luxus-Kleidern und teuren Assessoures versucht Staatspräsidentin Cristina Fernandez Kirchner heute, an den Kultstatus der Evita anzuknüpfen, die zwar viel für die Armen tat, dennoch mit eiserner Faust Opposition und Zeitungen niederknüppelte. Tatsächlich liegen – 63 Jahre nach ihrem Tod – noch immer frische Blumen an ihrem Grab im sehenswerten Friedhof im Stadtteil Recoleto. wo gut gepflegte Gräber neben völlig desolaten stehen.
Auch Papst Franziskus reiht sich mit seinen Widersprüchen in die Millonga (Tangoshow) seiner Heimatstadt ein: Welches Kirchenoberhaupt war jemals so lebenslustig, ein bekennender Fussballfan, Mate-Tee-Trinker und Tango-Tänzer? Anderseits steht er als Jesuit wie ein moralischer Fels in der Brandung, streng konservativ und strikt gegen die gleichgeschlechtliche Ehe, die unter Kirchners Fittichen 2010 beschlossen wurde und einen wahren Boom gleichgeschlechtlicher Touristen nach Argentinien auslöste. Wird er die Konsequenz seines Landsmannes Che Guevara zeigen, der letztlich seine moralischen Prinzipien höher stellte als sein machtpolitischen Ambitionen?
Hier in den Straßen von Buenos Aires, sogar hier im verruchten Viertel La Boca mit dem legendären Heimatstadium Diego Maradonnas (La Bombonera) ist der Papst genauso allegenwärtig, wie Maradonna und Messi, die als aufgeblasene Puppen nach Geschäftsschluss eingezogen werden.