Null Kilometer

  • Beitrags-Kategorie:Archiv / Reise / Wirtschaft
  • Lesedauer:4 min Lesezeit

 Schließlich sind wir einige Hundert Kilometer in den Süden gefahren, um uns hier die wärmende Altweibersommer- Sonne auf den Rücken scheinen zu lassen. Mit üppiger Gestik und vielen Worten erklärt der Gastwirt das Ganze. Mit „Zero“ Chilometro oder „Null“ Kilometer werden jene Speisen gekennzeichnet, die direkt aus der Region stammen, also Null Kilometer transportiert werden mussen, bis sie jetzt von uns verzehrt werden Es handelt sich um ein richtiges Konzept, das im Juli 2008 erstmals in Italien in der Region Venetien als Gesetz beschlossen worden war. Um die Umwelt zu schonen, die regionalen Agrarprodukte zu stärken und um Gästen und Einheimischen möglichste frische Saisonwaren anbieten zu können, soll es zwischen der Produktion und dem Verkauf/Verzehr dieser Frischwaren nicht einen einzigen Kilometer Distanz geben! Pasta, Reis, Wein, Honig, Käse, Fleisch, Wein, Obst und Gemüse sollten keine lange Reise antreten müssen.

Ein paar Stunden später,  im originellen Quartier „Punta del Corno“ von Isabella Riz, bekommen die Gäste das O Kilometerprinzip am eigenen Leib zu spüren: Das Brot hat die Gastgeberin selber gebacken. Dinkel, dunkel. Es ist lauwarm und schmeckt hervorragend. Die aufgeschnittenen Äpfel, Birnen und der frühreife Kaki stammen aus dem eigenen Garten, ebenso die Paradeiser, Gurken und Karotten.  Honig, Butter, Milch und Käse kommen aus der Ortschaft. Nur die Herkunft von Cafè und Tee bleibt im Dunkeln.

Krönender Abschluss des frugalen Frühstücks ist die Öl-Verkostung. Olivenöl. Aus eigener Produktion. Alles Bio- selbstverständlich. Wir tunken frisches Weißbrot in das goldglänzende Öl, das im Vorjahr hier produziert wurde und blicken dabei direkt hinaus, zu den edlen Spenderbäumen, die nun wieder voller Früchte hängen.

Frisch gestärkt dürfen wir Städterinnen bei der Olivenernte ein wenig helfen: Mit dem Rechen die reifen Früchte herunterkratzen, sie in grünen Netzen am Boden aufgefangen, von den Blättern reinigen und in die Holzkisten sammeln. So fühlt man sich richtig geerdet- auch als Touristin. Echt Null Kilometer zwischen Ernte und Essen.

Ganz anders die Situation ein paar Wochen davor, im tiefsten Italien, in Taormina, Sizilien:  entspannte Urlaubsstimmung, traumhafte Umgebung, mit Blick auf Zypressen, Palmen, Buchten und auf den ewigen Etna.  Gefrühstückt haben wir damals: Yogurt und Milch aus Südtirol, Butter und Honig aus Österreich, Käse und  Marmelade aus der Schweiz. Nur die Trauben und der Orangensaft stammten hoffentlich aus der Region, vielleicht auch das Brot.

Fliegen wir wirklich nach Sizilien, um Produkte zu essen, die wir ohnehin auch zu Hause kriegen? Es kann mir niemand weismachen, dass es in einer bäuerlichen Insel wie Sizilien weder Milch, Butter, Käse oder Honig aus lokaler Produktion gibt. Muss selbst eine kleine Frühstückspension großspurig mit internationalen Produkten angeben, statt mit lokalen Schmankerln zu punkten? Internationaler Eintopf statt lokale Vielfalt!

Wie sehr  kann man den Sinn des Reisens, die Lust und Neugier nach dem Fremden, nach Neuem  eigentlich noch mehr verbiegen?

So gesehen ist „Zero Chilometro“  ein sinnvolles Konzept, um zu den Wurzeln zurück zu finden.

Zur Fotogallerie 

[Best_Wordpress_Gallery gallery_type=“thumbnails“ theme_id=“1″ gallery_id=“20″ sort_by=“order“ image_column_number=“5″ images_per_page=“30″ image_title=“none“ image_enable_page=“0″ thumb_width=“180″ thumb_height=“180″ popup_width=“800″ popup_height=“500″ popup_effect=“fade“ popup_interval=“5″ popup_enable_filmstrip=“1″ popup_filmstrip_height=“70″ popup_enable_ctrl_btn=“1″ popup_enable_fullscreen=“1″ popup_enable_comment=“1″ popup_enable_facebook=“1″ popup_enable_twitter=“1″ popup_enable_google=“1″ watermark_type=“none“ watermark_link=“http://web-dorado.com“]