Soll. Denn wie immer in solchen Fragen streiten sich stets mehrere Städte darum, wo dieses historische Event tatsächlich stattgefunden hat. Wichtigster Konkurrent ist in diesem Fall Al-Maghtas. Doch der Ort liegt in Jordanien und ist von Israel aus nicht erreichbar. Also nehmen wir Yardenit.
Man muss ja nicht gleich selber an einer der vielen Massentaufen teilnehmen und sich mit Haut und Haaren in den biblischen Fluss stürzen. Tatsächlich finden wir in Yardenit nur gähnende Leere vor. Also fahren wir rund 10 Kilometer weiter gegen Süden, an üppigen Bananenplantagen vorbei. Überall grün, alles fruchtig. Nach kurzer Zeit biegt eine Art Feldweg ab und nach einigem Holtergepolter stehen wir am Jordan.
Das also ist der historische Fluss, der Israel von Jordanien trennt. Der für Christen und Juden gleichermaßen enorm bedeutend ist. Beide Religionen erinnert der Jordan an den Übergang zu einem besseren Leben: die Christen an die Aufnahme in die christliche Gemeinschaft und die Juden an den gelungenen Eintritt ins gelobte Land, nachdem sie diesen Fluss überquert hatten.
Wie konnte es bei dieser Vorgeschichte passieren, dass der Jordan zum Sinnbild für den Tod wurde? Über den Jordan gehen heißt schließlich sterben. Wer über den Jordan geht, ist tot. In deutscher Sprache jedenfalls. Schlechte PR ? Vielleicht steht man deswegen etwas zwiespältig vor diesem Gewässer. Farblich ist er nicht sehr attraktiv, schlammig- braun. Aber er stinkt nicht und plätschert relativ munter dahin. Trotzdem bekämen mich keine zehn Pferde in dieses Nass. Dass sich ein Biber – ganz videogeil – schwimmend in Szene setzt, spricht jedenfalls dafür, dass der Jordan doch nicht über den Jordan gegangen ist.
Keine vier Jahre ist es her, haben besorgte Umweltapostel das endgültig Aus für den historischen Fluss befürchtet. Zuviel Wasser wurde von den Anrainern für Trinkwasser und für die Bewässerung der Wüste abgezogen, von Israelis, Jordaniern, Palästinensern. Nicht überraschend, dass der 251 Kilometer lange heilige Fluss immer mehr geschrumpft und immer weniger Wasser ins Tote Meer ergießt.
Offenbar haben die Gegenmaßnahmen zumindest hier in der Nähe von Yardenit gewirkt und mit Hilfe eines Pumpwerkes die Flußgeschwindigkeit etwas angekurbelt. Noch rechtzeitig vor dem Besuch von Papst Franziskus in Israel.
Der Biber hat sich inzwischen davongemacht. Schön langsam könnte ich mir Jesus und seine Jünger mit ihren typischen Kleidern (wallende Gewänder?) an einen Ort wie diesen leibhaftig vorstellen. Doch bevor diese Szene vor dem inneren Auge Gestalt annehmen kann, zerreißt ein dröhnendes Bagger-Geräusch die Stille.