Sie hat das Parlament für die Menschen geöffnet und tatkräftig versucht, bereits Kinder für Demokratie zu begeistern. Mit tapferer Demut hat sie ihre todbringende Krankheit auf sich genommen und mit bewundernswerter Disziplin ihre Funktionen bis zuletzt erfüllt.
Was in den bisherigen Würdigungen etwas zu kurz kam, sind ihre Grundsatztreue, ihre Bodenhaftung und ihre enorme Einsatzbereitschaft.
Barbara Prammer war eine Frau mit Grundsätzen. Den wichtigsten hat Bundespräsident Heinz Fischer in seiner Traueransprache am besten zusammengefasst: Für Barbara Prammer war jeder Mensch wirklich gleich viel wert. Sie konnte und wollte es daher auch nicht hinnehmen, dass Menschen in unserer Gesellschaft viel weniger Chancen haben und diskriminiert werden, einzig allein weil sie als Mädchen geboren wurden. Oder weil sie Roma sind. Oder Juden.
Barbara Prammer war eine Frau mit permanenter Bodenhaftung. Sie wußte bestens Bescheid über die vielen Alltagsnöte von Alleinerzieherinnen, armen Leuten, Opfern von Gewalttätigkeit, Ausgegrenzten, Menschen mit Behinderung oder Migranten. Sie kämpfte gegen die gläserne Decken, auf die Frauen noch immer stoßen.
Barbara Prammer war eine Frau mit enormer persönlicher Einsatzbereitschaft. Sie hat nicht nur Gesetze beschlossen, sondern sich bemüht, deren Sinn auch den Menschen zu vermitteln. Die von Gestalt so zierliche Nationalratspräsidentin hat regelmäßig Hausbesuche absolviert, um mit den Menschen zu diskutieren. Sie hat auch uns Vertreterinnen des Frauennetzwerks Medien seit Jahrzehnten bei vielen Initiativen unterstützt mit dem Ziel, die Präsenz von Frauen in Medien, Management und Aufsichtsräten zu steigern. Sie hat es sich nicht nehmen lassen, auch zu relativ kleineren Anlässen höchstpersönlich vorbeizukommen, um mit ihrer Anwesenheit uns Solidarität und Anerkennung zu zeigen. Sogar als Nationalratspräsidentin ist sie am „Töchtertag“ in ein kleines Prüfzentrum am Lande gekommen, um Mädchen zu ermutigen, sie sich für technische Berufe interessieren.
Barbara Prammer war eine liebenswürdige Frau, die bei aller Offenheit für Fremdes, Neues und die große weite Welt, sehr an ihrer Familie und ihrer Heimat hing. Wie sehr sie sich auf ihr erstes Enkelkind Sophie gefreut hat, konnte man in ihren Augen lesen, als sie uns bei ihrem Überraschungs-Geburtstagsfest am 11. Jänner 2014 voller Vorfreude das Ultraschallbild ihre Enkeltochter zeigte. Ich freue mich, dass es „Oma“ Barbara geschafft hat, die Geburt ihrer Enkeltochter zu erleben. In der Liebe liegt die Kraft. Auch damit hat Barbara Prammer gezeigt, was sie ist und bleibt: eine große Tochter Österreichs.