Für einen Weltkonzern wie VW kann es ja kein großes organisatorisches Problem sein, jetzt rasch zu testen, um wieviel die Normwerte auf dem Prüfstand abweichen. Es kann kein großer Aufwand sein, ein Auto mit und ohne getürkte Software auf einen Prüfstand zu hieven und den Unterschied ganz genau festzustellen. Schließlich hatte VW gut drei Wochen nach dem öffentlichen Auffliegen von „Dieselgate“ Zeit zum Handeln.
Ich will als VW Kundin einfach erfahren, um wieviel der auf dem Zulassungsschein angegebene Wert von 119,8 mg/km übertroffen wird, wenn auf dem Prüfstand keine Schummel-Software aktiviert ist. Ist die Abweichung nur geringfügig oder gravierend? Sprechen wir von einem Unterschied von wenigen Milligramm oder von über 100 mg pro Kilometer? Wurde der für „Euro 5“ Autos vorgeschriebene Grenzwert von 180 mg/km trotzdem eingehalten oder nicht? Ist mein Auto bei Stickoxid womöglich auf das Niveau eines EURO 4 Autos zurückgefallen, für das 250 mg/km erlaubt waren?
Wie groß die Abweichung ist, spielt nicht nur für Reparaturmaßnahmen eine Rolle, sondern auch für alle rechtliche Schritte bzw. Schadenersatzleistungen. Je höher die Abweichung, desto höher der Schaden und umso besser die Chancen einer Sammelklage, wie vom VKI angestrebt (Link). Eine weitere Konsequenz betrifft die Einstufung meines Fahrzeugs bei den Umweltzonen deutscher Städte. Wird mir die grüne Plakette nicht gewährt oder entzogen, mit der man derzeit als Euro 5 Auto in fast alle 67 deutsche Umweltzonen problemlos hineinfahren kann? Muss sie in eine gelbe Plakette umgewandelt werden, die nur einen sehr beschränkten Zugang ermöglicht? Oder gibt es am Ende nur mehr die rote Plakette und somit ein Verbot für viele Stadtzentren in Deutschland?
Da es mit der Glaubwürdigkeit von VW nach „Dieselgate“ nicht mehr gut bestellt ist, sollten solche Tests am besten von unabhängigen Stellen durchgeführt oder zumindest beaufsichtigt werden. Auch sonst hat der VW Konzern allen Grund, möglichst rasch die Karten auf den Tisch zu legen. Jeden Tag tauchen neue Informationen auf. Korrekte Infos sind für VW ein Gebot der Stunde – im Interesse der Konsumenten, aber auch des Konzerns selber.