Zurück zum Fall VW: In Korneuburg hat der VKI für 515 Geschädigte und in Wiener Neustadt für 729 Geschädigte jeweils eine Sammelklage gegen den VW Konzern eingereicht. Im Widerspruch zu den Erkenntnissen aller vier Oberlandesgerichte in Österreich erklärten sich beide Landesgerichte für unzuständig.
In ihrer Argumentation schlossen sich die zwei Landesgerichte der Rechtsmeinung eines Privatgutachtens an, das VW – also der Angeklagte – in Auftrag gegeben hatte. Dieses Privatgutachten (von Paul Oberhammer, Dekan an der juridischen Fakultät der Uni Wien) sieht die internationale Zuständigkeit nicht gegeben, weil er in den Abgasmanipulationen einen bloßen Vermögensschaden sieht, der kaum zu lokalisieren sei und nicht am Übergabeort – also in Österreich – entstanden sei. Ergo sei ausschließlich das deutsche Landgericht Braunschweig zuständig, das für Wolfsburg zuständig sei, wo die Volkswagen AG ihren Sitz hat.
VKI-Vertrauensanwalt Alexander Klauser ist die Zurückweisung deshalb problematisch, weil dem Gutachten keine unabhängige Untersuchung zugrunde lag, sondern die Expertise eines VW-Beraters, schreibt der Standard. „Diese Argumentation bedient Volkswagen“, betont Klauser und legte im Namen des VKI Rekurs beim OLG Wien ein.
Dazu Peter Kolba: „Das Beispiel der LG Korneuburg und Wr.Neustadt kann Schule machen, weil es für die Richter die beste Möglichkeit ist, wenig Arbeit zu haben. Sie weisen die Klage wegen mangelnder internationaler Zuständigkeit zurück und haben den Akt für ein Rechtsmittelverfahren bis zum OGH bzw EuGH vom Tisch.“
Kolba unterstellt den Richtern keineswegs einen Hang zur Arbeitsökonomie, sondern kritisiert vielmehr: „Der Gesetzgeber weiß seit 2005 – seit dem WEB-Verfahren – dass Sammelklagen für Richter einen erheblichen Mehraufwand darstellen. Dennoch hat man bis heute die interne Organisationsvorschrift nicht geändert, wonach in der Arbeitsstatistik eines Richters eine Sammelklage genauso als „eine Klage“ zählt, wie jede andere Schnackerl-Klage auch.“
Der Streit über die internationale Zuständigkeit wird erst in Jahren entschieden werden, fürchtet Kolba aus Erfahrung. Falls die Klagen zurückgewiesen würden, bestünde dann keinerlei Chance mehr, in Deutschland nochmals einzuklagen, weil die Ansprüche dann mit Sicherheit verjährt sind.
In Sachen Sammelklage wirft Kolba dem Sozialministerium (BMASGK) und der Regierung Unbelehrbarkeit vor, aus zwei Gründen.
Kolba: „Erstens habe ich noch als Klubobmann der Liste Pilz einen Initiativantrag für eine Verbandsmusterfeststellungsklage eingebracht. Dieser Antrag wird zwar am 28.2.2019 im Justizausschuss behandelt werden, für die anhängigen Sammelklagen kommt er auf alle Fälle zu spät. „Hätte man das Gesetz damals beschlossen, wäre nur eine einzige Sammelklage beim Handelsgericht Wien anhängig und nicht bei allen 16 Landesgerichten“, hält Kolba fest.
Zweitens hat Kolba im Frühjahr 2018 – als der VKI im Auftrag des BMASGK und der AK mit der Sammlung für Sammelklagen begonnen hatte – dem inzwischen zum Sektionschef ernannten Arno Ebner ein Angebot der renommierten RA Kanzlei Kälberer&Tittel aus Berlin übermittelt. Diese Kanzlei bot an, eine Sammelklage (Einziehungsklage) in Deutschland am Sitz von VW einzubringen und mit Hilfe eines Prozess-Finanzierers mit 40 Millionen Euro abzusichern. Zwei Rechtsanwälte hätte die deutsche Kanzlei extra nach Wien gesendet, um die Klage vorzubereiten.
Kolba:“ Ich habe darauf nie eine Antwort bekommen.“