Chalet N.: Staatsanwalt ausgehebelt, CASAG-Beschuldigte gebrieft (Teil 9)

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Die Ermittlungen rund um das Chalet N. des einstigen Wunderwuzzis René Benko und die Casino-Affäre (CASAG) sind weitere „clamorose“ Fälle, bei denen laut Kreutner-Kommission eine „Zwei-Klassen-Justiz“ im Spiel war. In der Causa Chalet N. wurde der fallführende Staatsanwalt , der Anzeige erheben wollte, übergangenen und nach Intervention von Benkos Rechtsvertreters direkt bei der Oberbehörde wurde das Verfahren eingestellt. In der Casino-Affäre „briefte“ der Ex-Senktionschef P. die Beschuldigten.

Benkos Chalet N.: zuständige Staatsanwälte wurden übergangen und Verfahren eingestellt

Bekanntlich zahlte der jetzige Pleitier Rene Benko für das Chalet N. in Vorarlberg der Gemeinde 250.000, damit sie auf ihr Vorkaufsrecht verzichtet. Zudem wollte sich der einstige Wirtschaftswunderknabe für weitere 250.000 Euro eine schnelle Umwidmung in Bauland sichern. Der Bericht der Kreutner-Kommission enthüllt seltsame Vorgänge: so hat ein Anwalt des Beschuldigten zumindest zweimal die Leitende Oberstaatsanwaltschaft Wien besucht, sich also über die zuständige Staatsanwaltschaft hinweg gesetzt und sich direkt an die Oberbehörde gewendet.

Nicht genug damit:

Als die Wirtschaft- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in einem Vorhabensbericht an die Obersstaatsanwaltschaft Wien vorschlug, Anzeige zu erstatten, reichte der Anwalt des Beschuldigten bei einem Besuch dieser Oberbehörde eine abweichende Sachverhaltsdarstellung zur Einstellung des Verfahrens ein (Seite 124).

Jene fallführenden Staatsanwälte, die für diese Causa zuständig waren, wurden dabei komplett übergangen und über die – über ihren Kopf hinweg eingereichte – abweichende Sachverhaltsdarstellung nicht in Kenntnis gesetzt (Seite 78). Was dann passierte? Erraten: der abweichenden Stellungnahme wurde gefolgt und das Verfahren eingestellt (Seite 124)

Aus Sicht der Kommission

ist es „mehr als fragwürdig, wenn Beschuldigte oder deren Rechtsvertreter direkt beim Oberstaatsanwaltschaft oder im Justizministerium vorstellig werden, die Schriftsätze persönlich übergeben und die Gespräche nicht veraktet werden und diese persönlich überbrachten Schriftsätze auch Einfluss auf die Verfahrenserledigung erlangen“ (Seite 139)

Und die Kommission hält ausdrücklich fest: Chalet N. ist kein Einzelfall gewesen, vorwiegend in clamorosen Fällen ist das passiert (Seiten 139 und 140)

Zurück zum Chalet N:

Der Fall wurde auch dem Weisungsrat im Justizministerium unterbreitet, der rechtliche Empfehlungen abgeben solle. Laut Kreutner-Kommission wurden laut dem Weisungsrat in diesem Fall nur „selektive Unterlagen „vorgelegt „, sodass dieser keine Möglichkeit hatte, die Angelegenheit auch sachlich zu überprüfen.

So kam es, dass der Weisungsrat die rechtliche Berurteilung der Oberstaatsanwaltschaft Wien und damit die Einstellung des Verfahrens befürwortete. Als der Bundesminister für Justiz an der Expertise des Weiungsrates zweifelte, wischte Supersektionschef Plinacek dessen Zweifel mit den Worten vom Tisch, man bewege sich damit „am Rande der rechtlichen Möglichkeiten“ (Seite 69)

Nach Ansicht der Kreutner-Kommission „delegitimiert“ eine solche Argumentation -„am Rande der rechtlichen Möglichkeiten“- den Rechtsstaat und den Stand (Seite 36). Auch der Weisungsrat spielte hier in den Augen der Kreutner-Kommission die Rolle eines Feigenblatts.

CASAG: Oberster Justizbeamter „brieft“ Beschuldigte

In der sog. Kasino-Affäre – CASAG – empfängt Supersektionschef Pilnacek am 28.1.2020 (Seiten 156, 159)  zwei Beschuldigte in der CASAG Affäre , Ex-Finanzminister Josef Pröll und Ex-Generaldirektor der Raiffeisen Zentralbank Österreich (RZB) Walter Rothensteiner in seinem Büro im Justizministerium.

Für diesen Besuch zweier Beschuldigten beim obersten Beamten des Justizministeriums sieht die Kreutner-Kommission keine Rechtsgrundlage. Die Behauptung, dass Pilnacek als Aufsichtsbehörde gehandelt habe ist laut Kreutner-Kommission falsch (Seite 109). Als dieser Besuch bekannt wurde, reagierte die damalige Justizministerin mit Weisung an Pilnacek, das zu unterlassen!

Über diese Treffen wurden fallzuständige Staatsanwaltschaften nicht informiert, sie wurden auch nicht veraktet (Seite 159) Erst nachträglich wurde ein Aktenvermerk gemacht (Seite 56). Dieses Gespräch sei allgemein als „absolut unangemessen“ und „grenzüberschreitend“ bewertet worden, schreibt die Kommission auf (Seite 157)