Das lesenswerte Buch der zwei Aufdecker-Journalisten Rainer Fleckl und Sebastian Reichart „Inside Signa“ (Verlag: edition a, 234 Seiten) zeigt klar und deutlich: im Kriminalfall Benko ist kein Ende in Sicht!
Das spannend geschriebene Werk liefert viele brisante neue Details, lässt aber viele Fragen offen. Stoff genug um zu ahnen, dass noch Vieles ans Licht kommen wird – mit ungeahnten Folgen für involvierte Kriminelle, Politik, Wirtschaft und für die Republik. Zu hinterfragen bleibt die windige Rolle von Steuerberatungskanzleien, Banken und Privatstiftungen und involvierte Investoren. Alte Skandal erscheinen nun möglicherweise in neuem Licht. Zu den brisanten Details, die mehr Fragen aufwerfen als beantworten:
Kurz, Sobotka
Tal Silberstein und Benny Steinmetz als Berater von Benko? Und zwar lange bevor diese zwei Männer von der ÖVP im Wahlkampf gegen den damaligen SPÖ-Kanzlerkandidaten Kern ausgespielt und 2017 sogar verhaftet wurden. Aha. Sebastian Kurz war bereits 2017 – noch als Außenminister – von Benko zu seinem luxuriösen Sommerfest in seiner Protzvilla am Gardasee geladen. Hm. Auch Wolfgang Sobotka war dort und hat laut dem Aufdecker-Buch immerhin freiwillig 500 Euro für die Einladung gezahlt, während Kurz auf dieser Liste der freiwilligen Zahler nicht aufscheint. Naja. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.
Österreich, Krone, Kurier
Weitere spannende Details: Ist Benko tatsächlich seit 2008 zu 7,07% an Fellners Media Invest Österreich beteiligt und hat dafür 3 Millionen Euro bezahlt? Diesen Deal wollte Benko laut Aufdeckerbuch (Seite 127) jedenfalls eingehen. Ob der Deal geklappt hat, offenbart das Buch nicht. Den Einstieg bei Krone/Kurier über die deutsche Funkegruppe ließ sich Benko laut Aufdeckerbuch 80 Millionen Euro kosten.
Weitere Herren
Promis wie Markus Friesacher (verkaufte seine Tankstellen an OMV), Investor Martin Schlaff, Finanzberater Willi Hemetsberger (Ithuba) oder PR Mann Wolfgang Rosam tauchen im Umfeld des Tirolers auf, arbeiten teilweise für ihn. Clemens Tönnies (Deutschlands größer Schweinezüchter und Superspreader in der Pandemie), Sigi Wolf, Wolfgang Porsche, Gerhard Randa und Klaus Mangold sind in dem Buch aufgezählt, teils als Investoren, teils als Teil von Benkos pompösen Jagdgesellschaften. Welche Rollen all diese Herren genau spielten, bleibt offen. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.
bis zuletzt
Prominente Benko-Investoren wie Hans-Peter-Haselsteiner oder Susanne Riess Hahn kommen in diesem Buch interessanterweise gar nicht vor. Die Ex-Kanzler Gusenbauer und Kurz werden als Benko-Gefährten dargestellt, die bis zuletzt versucht haben, das Geschäft des Tirolers und das eigene Geld zu retten. Keine Angaben gibt es darüber, welche Unsummen Benko-Investoren in all diesen Jahren wohl lukriert haben und mit welchen Summen Benkos Manager bedacht wurden, damit sie höchst Undurchsichtiges tun und darüber schweigen.
TPA Steuerberatungskanzlei
Die genaue Rolle der Steuerberatungskanzlei (TPA), die nach Wirecard und der Commerzbank Mattersburg auch bei Benko wieder mitten im unseligen Spiel steht, wird nicht vertieft.
Pyramidenspiel
Ein großer Verdienst der Autoren ist, dass sie das Geschäftsmodell des angeblichen „Wunderwuzzis“ Benko als simples Pyramidenspiel entzaubern: Man sammelt Geld von Menschen mit Geld und verspricht ihnen unrealistische Gewinne. Solange man immer neue Kapitalgeber findet, mit deren Hilfe man diese fetten Gewinne eine Weile auch auszahlen kann, rennt das Radl. Sobald aber viele Investoren trotzdem oder gleichzeitig aussteigen, kracht das Kartenhaus in sich zusammen.
Erfunden hat Benko dieses Spiel nicht einmal selber. Er hat es vielmehr in seinen Anfängen bei AWD gelernt, ein Unternehmen, das später wegen großflächigen Anlegerbetrugs aufgeflogen ist.
sagenhafter Reichtum
Neu bei Benko ist das gigantische Ausmaß dieses Spiels. Und wie er es schaffte, einen sagenhaften Reichtum vorzuspielen, der selbst erfahrene Wirtschaftstreibende blendete. Benkos setzte offensichtlich auf die Gier aller, die mehr wollten als der Rest der Welt, auf eine selbsternannte „Geld-Elite“. Seine Masche war es, sehr Vieles (z.b. Investoren) sehr lange zu verheimlichen – mit Hilfe undurchsichtiger Konstruktionen (z.B. Banken, Stiftungen). So konnte er nach außen hin mit Fremdgeld protzen – bis zur Peinlichkeit.
Höchst aufklärungsbedürftig bleibt,
wie es Benko gelingen konnte, nicht nur einzelne Politiker wie den Ex-Kanzler Gusenbauer für seine Zwecke einzuspannen, sondern über die Verbindung zu Ex-Kanzler Kurz immerhin einen amtierenden Regierungschef. Welche Rolle bei der Akquise neuer Benko-Geldgeber die gemeinsam absolvierten Staatsbesuche im arabischen Raum spielten oder gar arabische Staatsbeteiligungen an Österreichs Unternehmen, ist noch näher zu durchleuchten.
Zinswende
Das Buch entzaubert den „Wunderwuzzi“ in einem weiteren Punkt. Schon 2019 – und nicht erst seit der Zinswende! – musste Benko den Scheichs, die bei ihm investiert waren, horrende Zinsen zahlen, damit sie nicht abspringen. Nichts ist also mit der Erzählung, die Zinswende hätten den Anfang von Benkos Absturz ausgelöst.
So wie es in diesem Buch dargestellt wurde, kam Benkos Reich bereits 2022 kräftig ins Wanken. Dazu passt, dass Ex-Kanzler Kurz im Sommer 2022 und später im Jahr 2023 vehement versuchte, weitere arabische Investoren für Benko aufzutreiben.
Das Buch hilft zweifellos,
ein wenige Licht ins Dunkel des ehemaligen Benko-Reichs zu werfen. Es ist zu hoffen, dass eine Fortsetzung folgt und die offenen Fragen beantwortet.