Audi Rückrufe: 100.000 in Österreich

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Die noch amtierende Verkehrsministerin Leonore Gewessler muss dringend entscheiden, ob sich Österreich den neuesten Rückrufen von Audi anschließt oder ob sie eine schärfere Gangart einlegt, die bis zum Entzug der Zulassung gehen könnte. 100.000 österreichische Audi-Käufer sind meiner Schätzung nach von den jüngsten Rückrufen der deutschen Zulassungsbehörde „Kraftfahrt-Bundesamt“ (KBA)bisher betroffen. Davon werden rund 70.000 Dieselautos zum zweiten Mal zum Software-Update zurückgerufen und zwar die Modelle A4, A5,A6,A7, A8, Q5 und Q7 , die zwischen 2009 und 2017 gebaut und zwischen 2010 und 2018 als Neuwagen verkauft wurden . Die anderen 30.000 Dieselfahrzeuge werden zum ersten Mal zurückgerufen. Es handelt sich um die viel älteren Modelle A4, A6, A8 und Q7, die zwischen 2006 bis 2010 gebaut und von 2007 bis 2011 als Neuwagen verkauft worden waren und die eine unzulässige Abschalteinrichtung eingebaut haben.

Ende der Fahnenstange nicht erreicht, auch nicht bei VW

Mit diesen neuesten Rückrufen ist noch keineswegs das Ende der Fahnenstange erreicht. Das dicke Ende kommt noch, sowohl für Audi als auch für VW, wo viel höhere Volumina am Spiel sind. Denn nach dem ersten Software hatten all diese Autos noch „Thermofenster“ eingebaut, was jetzt auch laut KBA unzulässig ist. Da die Behörde manipulierte Dieselautos nicht unterschiedlich behandeln darf, gilt für VW dasselbe wie jetzt für Audi: der Rückruf des Rückrufs, Was für Audi gilt.

Weitere 50.000 kommen bei Audi noch hinzu

Zurück zu Audi: Bei den jetzt zum zweiten Software zurückgerufenen 70.000 Audis wird es ja nicht bleiben. Denn insgesamt gibt es in Österreich 120.000 Audis, die zwischen 2009 und 2017 gebaut und schon einmal verpflichtend zum Software-Update zurückgerufen worden sind. Sie haben ja alle unzulässiges „Thermofenster“ eingebaut. Weitere 50.000 Audis werden also noch dazukommen, vor allem die Modelle A1, A1 Sportbacks, A3, Q3 und TT, die auf der bisherigen Rückrufliste des KBA fehlen. Auch weltweit wird es kaum bei den 945.000 zweiten Rückrufen bei Audi bleiben, denn laut KBA Rückrufdatenbank sind bisher insgesamt 4,7 Millionen Audi- Diesel von Rückrufen betroffen.

Kunden dürfen nicht neuerlich draufzahlen

Aus Sicht der Käufer stellt sich die dringende Frage, was bei diesem zweiten Software-Update genau passieren soll. Beim ersten wurde die sog. „Umschaltlogik“ beseitigt, sodass die Autos nicht mehr auf der Straße stets auf den Schmutzmodus umschalten und sie beim Zulassungstest am Prüfstand auf den Saubermodus. Nach dem Software-Update hatten diese Autos noch immer die unzulässigen „Thermofenster“ eingebaut, sodass die Auto die meiste Zeit im Jahr weiterhin im Schmutzmodus unterwegs sind und nur bei gewissen warmen Umwelttemperaturen im Saubermodus. Sollten nun beim zweiten Software-Update die Autos so umgestellt werden, dass sie ständig im Saubermodus fahren, wäre das zwar gut für die Umwelt, aber ein Nachteil für die Autohalter, denen teure Konsequenzen drohen.

Der Grund: Das technische Tool (die sog. AGR, Abgasrückführung) ist vorn vorne herein nicht dafür ausgelegt, rund um die Uhr ein ganzes Autoleben lang zu funktionieren, müsste also früher und öfters ausgetauscht werden, was bei manchen Teilen sehr teuer ist und mehrere Tausend Euro ausmachen kann. Schon beim ersten Update ist es bei manchen Autos zu Beschwerden über das geänderte Fahrverhalten der Autos gekommen, mit höherem Spritverbrauch, anderem Motorverhalten usw. Meine Forderung ganz klar: „Das Ganze darf nicht auf den Rücken der Kunden und Kundinnen ausgetragen werden, die zum zweiten Mal getäuscht wurden. Transparenz für die zahlenden Kunden und Kundinnen ist im Umgang mit diesem leidigen Thema gefragt.“

Hardware-Einbau, Stilllegungsprämien, Preisrabatte

Statt mit dem Entzug der Zulassung zu drohen, sind sinnvolle Lösungen gefragt. Dort wo es technisch möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist, wäre der nachträgliche Einbau von Hardware-Lösungen zu empfehlen, die es ja gibt. Für ganz alte Autos kämen auch Stilllegungssprämien in Frage, die jedoch nicht vom Kauf eines neueren Autos abhängig gemacht werden dürfen und auch nicht vom Staat gezahlt werden sollen. „In Vergangenheit haben wir leider schon erleben müssen, wie die deutsche Autoindustrie mit kräftiger Hilfe der Regierungen diverse Autogipfel zu Verkaufsaktionen für neuere Autos nützte, die neuerlich manipuliert waren“.

Angesichts der aktuellen Nachfrageflaute wären attraktive Preisangebote oder Verschrottungsprämien durch die Autohersteller selber gefragt. Das gilt vor allem für die deutschen Autohersteller, die sich nicht nur auf den Abbau von Mitarbeitern konzentrieren sollten. Schließlich haben sie – aller Abgasskandale zum Trotz – bisher außerordentlich große Gewinne eingefahren. Allein der VW Konzern in den vergangenen 12 Jahren (2021-2011) in seiner Bilanz 166,7 Milliarden Euro Gewinn ausgewiesen. Dabei sind die 33 Mrd. Euro schon berücksichtigt, die der Dieselskandal (ohne Rechtskosten) dem Konzern gekostet hat. „Wo bleibt die berühmte freie Marktwirtschaft? Wäre es in Zeiten voller Lager, Überalterung des Autobestands und Kaufzurückhaltung der Kunden nicht geradezu ein Gebot der Stunde, genau jetzt mit attraktiven Preisangeboten zu starten“, frage ich mich.