Update des Updates – VW Dieselskandal in Endlosschleife

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 Neun Jahre nach Auffliegen des VW Dieselskandals am 18. September 2015 befindet dieser in einer Endlosschleife. Abgesehen davon, dass sich der Abgasskandal auf fast alle anderen Dieselhersteller ausgeweitet hat, bahnt sich für Dieselautos von VW, Porsche und Audi eine weitere Runde von Software-Updates an. Ein Software-Update des Software-Updates. Betrogene VW Kunden der ersten Stunde, die sich vor sechs Jahren der Sammelklage des VKI angeschlossen haben, stehen in Österreich bis heute ohne Schadenersatz da, obwohl ihnen ein solcher aufgrund klarer Urteile von Höchstgerichten zusteht und es bereits strafrechtlicher Verurteilungen hoher Konzernmanager wie Ex-Audi-Chef Stadler gibt.

Wie erinnerlich, wollte VW mit einer weltweit angelegten Rückrufaktion für über 10 Millionen Dieselautos mit dem EA 189 Motor die Abgasmanipulation reparieren. Doch diese Software-Updates haben nicht funktioniert, das Problem viel zu hoher schädlicher Abgase wurde nicht gelöst. Der Grund: Auch nach dem Software-Update gibt es in diesen Autos noch illegale Abschalteinrichtungen. Bei gewissen Außentemperaturen schalten sie die Reduktion der Abgase teilweise oder komplett weg („Thermofenster“), ebenso über 1.000 Meter Meereshöhe („Höhenkorrektur“) und nach 15 Minuten Leerlauf am Stand („Taxisschaltung“).

Somit stoßen sie – nach wie vor- ein Vielfaches an schädlichem Abgas Stickoxiden aus und halten die gesetzlich vorgeschriebene Obergrenze (Grenzwert) im Straßenbetrieb bei weitem nicht ein. Es sind Millionen von Autos, die nach wie vor Menschen und Umwelt schädigen und gegen EU-Recht verstoßen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) und weitere Höchstgerichte haben in aller Deutlichkeit festgestellt, dass solche Abschalteinrichtungen unzulässig sind, weil dadurch die gesetzliche Obergrenze (Grenzwert) die meiste Zeit im Jahr auf der Straße nicht eingehalten wird.

So weit, so logisch. Was wäre sonst der Sinn einer Obergrenze für ein schädliches Abgas, dessen Entstehen gedrosselt werden sollte – zum Schutz für uns alle? Die betrogenen Dieselkäufer, die brav zum Software-Update gefahren sind, fahren jetzt weiterhin eine Fahrzeug, dessen Zulassung entzogen werden könnte (weil nicht legal zugelassen) und mit dem sie möglicherweise weder fahren noch es verkaufen können. Ein schöner Scherbenhaufen, denn genau das sollte ja mit dem Software-Update verhindert werden.

Was ist in der Folge passiert? Die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die nachhaltig an der Aufdeckung des Dieselskandals mitgewirkt hat, hat in akribischer Schwerarbeit gegen sämtliche Software Updates des KBA geklagt – gegen alle rückgerufenen Dieselautos von VW der Abgasnormen Euro 5 und Euro 6b/c. Die DUH-Klagen richteten sich nicht nur gegen VW, Audi und Porsche, sondern auch gegen die Updates-Freigaben für Hersteller wie Mercedes, BMW, Fiat. Bei Modellen des VW Golf plus hat die DUH als Etappensieg bereits die Aufhebung der Update-Bescheide erreicht (nicht rechtskräftig). Erst 2025 werden wir sehen, ob die DUH mit ihren Klagen rechtskräftig durchkommt und alle Software-Updates unzulässig sind.

Was macht VW, außer in Berufung zu gehen? Der deutsche Konzern berief sich – ebenso wie andere Dieselautohersteller – zunächst darauf, dass die zuständige deutsche Zulassungsbehörde solche „Thermofenster“ im Zuge des Software-Updates genehmigt habe. Doch diese Freigabe durch das deutsche „Kraftfahrt-Bundesamt“ (KBA), das dem deutschen Verkehrsministerium unterstellt ist, ändert nichts daran, dass „Thermofenster“ laut EuGH gegen EU-Recht verstoßen. Neuerdings stellt sich der deutsche Konzern (siehe VW Geschäftsbericht 2023, Seite 249f) auf den Standpunkt, der EuGH hätte durch sein Thermofenster-Urteil ein „neues, verkehrstechnisches Kriterium“ aufgestellt, das keine Ausnahme mehr für Thermofenster mehr ermögliche.  

In der Praxis hat VW bereits damit begonnen, vorzubauen. Laut Geschäftsbericht (Seite 250) hat VW schon länger damit begonnen, „Softwareupdates zur Anpassung des Thermofensters an das neue verkehrstechnische Kriterium des EuGH auszurollen, und setzt dies weiter fort“. Das heißt im Klartext: Der VW Konzern ist dabei, Updates von Updates vorzunehmen, ohne dass die Öffentlichkeit dies groß erfährt.

Wie sehr der Hut für VW brennt, erfährt man wieder aus dem Geschäftsbericht des Konzerns (Seite 249 f): Bereits  im Juli und Oktober 2023 hat das KBA zwei Bescheide gegen Audi erlassen, in denen festgestellt wurde, dass „die ursprünglich integrierte Version der Thermofenster in einigen der betroffenen Fahrzeuge das neue verkehrstechnische EuGH-Kriterium nicht erfüllt“. Im Dezember 2023 gab es solche KBA-Bescheide gegen Porsche und im Januar 2024 gegen Volkswagen.  Gegen all diese KBA-Bescheide legte der Konzern Widerspruch ein, sodass sie nicht bestandsfähig sind.  

Die Strategie des Konzerns liegt damit auf der Hand. Man will das EuGH Urteil aushebeln und dafür sorgen, dass die Abgasreinigung nicht nur bei Thermofenstern zwischen +15 und +33 Grad voll funktioniert, sondern auch schon ab viel niedrigeren Temperaturen. Durch eine größere Spreizung der Thermofenster sollte die Abgasreinigung im „überwiegenden Teil“ des Jahres funktionieren. Dann, so wohl die Hoffnung der VW Manager, könnten Thermofenster selbst nach dem EuGH Urteil ausnahmsweise zulässig sein.

Für die betroffenen Autokäufer wirft das eine Reihe von Fragen auf. Wurden sie über diese Software-Updates der Software-Updates informiert oder läuft das Ganze unter dem Titel „freiwillige Serviceaktionen“ im Zuge eines routinemäßigen  Services, ohne Wissen der Besitzer? Erfahren diese, was dabei mit ihren Autos geschieht? Gibt es Infos bzw. Entschädigungen für etwaige Konsequenzen dieses Updates, also teure Ventile oder sonstige Bauteile sich früher verschleißen und öfter ausgetauscht werden müssen oder ob danach öfters Zusatzharnstoff („AdBlue“) zugemischt werden muss. Schon beim ersten Software-Update gab es kostspielige Folgen. Wieviel Betroffene gibt es überhaupt, wieviele davon in Österreich?

 Schadenersatz in weiter Ferne

 Wie schaut es mit dem Schadenersatz für österreichische VW-Dieselkäufer manipulierter Fahrzeuge der ersten Stunde aus? Die 10.000 Kläger, die sich 2018 den Sammelklagen des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) angeschlossen haben, hängen immer noch in der Warteschleife vor 16 Gerichten. So wie ich mit meinem VW Tiguan, den ich längst verkauft habe. Obwohl alle Höchstgerichte in Europa ,Deutschland und Österreich bei diesem Autotypus EA 189 eindeutig Manipulation feststellten und den Käufern Schadenersatz zusprachen, sahen sie bisher keinen Cent. VW setzt auf Zeitschinden, vergleicht nur dort, wo es nicht mehr anders geht.  Kläger sterben weg und Autos verlieren an Wert. Besser schaut es bei den Einzelklagen aus, die spezialisierte Rechtsanwaltskanzleien wie Poduschka zu Tausenden erfolgreich durchgekämpft haben. Hunderte von Österreicherinnen und Österreicher, die mit Hilfe des Verbraucherschutzvereins (VSV) in Deutschland geklagt haben, dürfen realistischerweise auf Vergleiche hoffen.

 Gleichzeitig erfahren die Betroffenen aus Medien, wie enorm Autokonzerne in den letzten Jahren verdient haben, wie anstandslos sie Buß- und Strafgelder gezahlt und damit indirekt zugegeben haben, in Sachen Abgasreinigung nicht alles richtig gemacht zu haben. Sie können zuschauen, wie Ex-Bosse von Audi und VW entweder strafrechtlich verurteilt (Ex-Audi-Boss) oder vor Gericht stehen wie der Ex-Vorstandsvorsitzende des gesamten VW Konzerns. Und müssen erfahren, dass der Ex-Vorstandsvorsitzende von VW, Martin Winterkorn, eine Betriebspension von 3.700 Euro kassiert – jeden Tag, auch wenn er vor Gericht steht. Insgesamt belief sich seine Betriebspension allein im Jahr 2023 auf 1,35 Mio. Euro. (laut Geschäftsbericht). Und fürs Skandaljahr 2015 streifte er stolze 28 Millionen Euro ein und streitet trotz erdrückender Beweislage alles ab.  Und auch der VW-Konzern hält in seinen aktuellen Geschäftsbericht 2023 unverdrossen daran fest, dass die Manipulationssoftware seit 2006 ohne Wissen des Vorstands von Mitarbeitern implementiert wurde und der Vorstand erst im Sommer 2015 davon wusste.