Den Duft dieser zauberhaften Insel riechst du nicht sofort. Dieses unverwechselbare Gemisch aus Erde, Gestrüpp, Steinen und Meeresluft erschnüffelt nur, wer auf den Vulkanen herumklettert. Oder am Gelände von Rano Raraku wandelt, dort, wo die rätselhaften Figuren – die Moai – hergestellt wurden.
Bei gleißendem Sonnenlicht strahlen die Farben auf dieser Vulkaninsel besonders intensiv und bekommen einen überirdischen Schimmer, sobald sich finstere Regenwolken ein wenig vor die Sonne schieben. Grün und Braun dominieren. Sie passen ideal zur Osterzeit, die in Europa mit zartem Frühlings-Grün und in Chile mit sattem Herbst-Braun assoziiert werden. Nomen est omen!
Die Moai, Zeugen mysteriöser Vergangenheit, wirken wie hineingeworfen in diese unglaubliche Insel. 400 Stück gibt es davon: die einen sind noch halbfertig im Felsgestein vergraben, die anderen liegen am Boden, mit dem Gesicht zum Himmel und von Gras überwachsen. Die meisten stehen aufrecht – mit ernsten Mienen und langen Ohren. Einige wirken schon ziemlich angegriffen, von der Salz-Luft, Verwitterung und vom Vogel-Mist. Einige sind frisch restauriert, wie die 15 Riesenkerle in Tongariki. Aufgereiht wie eine Fußballmannschaft, mit dem Rücken zum Meer bewachen sie ein unsichtbares Dorf. Auffallend: Alle haben sie dieselben zusammengepressten Lippen, die mich an Barney Geröllheimer von der Familie Feuerstein erinnern.
Schon erstaunlich, wie ressourcen-schonend diese Wahrzeichen hergestellt wurden. Sie wurden aus dem Felsen gemeiselt, aber so, wie zwei Kinder in einem einzigen Bett: Der eine mit dem Kopf dort, wo der andere die Füße hat. So spart man Platz. Dann wurden die Halbfabrikate nach unten gezogen – bäuchlings und mit dem Kopf nach unten. In der Ebene wurde der Torso aufgestellt und an den Ort seiner Bestimmung verfachtet. Wie das gelang, ist auch heute noch ein Rätsel. Erst am Zielort wurden die bis zu 10 Meter hohen Figuren komplett fertiggestellt und mit dem Kopfaufsatz („pukao“) versehen. Denn diese Haartracht wurde an einem anderen Ort produziert als der Torso. Arbeitsteilung kannten also schon die Ureinwohner von “Rapa Nui”, wie die Osterinsel eigentlich heißt.
Vier bis fünf Tage auf dieser märchenhaften Insel – auf Wolke sieben – sind nicht zuviel. Zumal viele Moai ihre schönsten Seiten erst bei Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang zeigen, sodass man einiges zu tun hat. An Überraschungen hat dieser paradiesische Nussschale mitten im pazifischen Ozean einiges zu bieten: Frei galoppierende Pferde kommen einem auf den Straßen entgegen und liefern herrliche Fotomotive. Mitfühlende Insulaner nehmen müde Wanderer auf der Ladefläche ihres Pick-up mit. An der kleinen Anacena Beach lässt sich gut schwimmen, frisch zubereitetes Tuna-Ceviche (Salat aus mariniertem Thunfisch), süße kleine Pineapples schlemmen und….. die Seele baumeln lassen.