Genau vor zwei Jahren, am Freitag 13.3.2020, löste der damalige Kanzler Kurz mit seiner Pressekonferenz eine panikartige Flucht Tausender aus dem Paznauntal aus, die das Virus in alle Welt trugen. Was genau an diesem Tag passiert ist, ist im “Ischgl-Das Tagebuch” zu lesen, das ich geschrieben und das der Verbraucherschutzverein (VSV) herausgegeben hat.
Ischgl – das Tagebuch – Verbraucherschutzverein
Das Bild zeigt einen Tag voller Pannen, unverständlichen Fehlleistungen und leicht durchschaubarer Ausnahmen.
Erst gegen halb 10 Uhr vormittags erfährt Landeshauptmann Platter in einem Telefonat mit dem damaligen Kanzler Kurz, dass über Ischgl/Paznaun und St. Anton eine Quarantäne verhängt wird. Platter stimmt zu und informiert seinen Landesamtsdirektor. Die Kommunikation der Quarantäne übernimmt Kanzler Kurz, der mit einer Eilt-Ankündigung via APA um 10 Uhr eine Pressekonferenz für 14 Uhr einberuft.
Zuständig für die Quarantäne ist die Bezirkshauptmannschaft Landeck. Obwohl sie gegen 11.30 Uhr von den Quarantäne-Plänen erfährt, denkt dort niemand daran, die notwendige rechtliche Verordnung vorzubereiten.
Als der Geschäftsführer des Tourismusverbandes Ischgl Paznaun von der Landesregierung von der geplanten Quarantäne erfährt, fragt er beim Bezirkshauptmann nach und erhält eine Bestätigung. Knapp um 13 Uhr, also noch vor der geplanten Pressekonferenz des Kanzlers, schreibt der Tourismusverband Ischgl Paznaun an all seine Beherbergungsbetriebe:..”es werden Checkpoints errichtet….Gäste dürfen nur mit einem Formular ausreisen, das es noch nicht gibt…..Personal darf nur ausreisen, wenn es einen Hauptwohnsitz in Landeck hat, alle anderen Mitarbeiter müssen 14 Tage in Ischgl bleiben”.
Obwohl auch der Tourismusverband St. Anton dieselbe Information hat, denkt dieser nicht daran, die Betriebe vorab zu warnen. Dieses “Leak” gab es nur in Ischgl. Dort bricht eine Ausreisewelle des Personals los, Arbeitgeber tun alles, um ausländisches Personal rasch loszuwerden, um es nicht verköstigen zu müssen.
Als dann der Bundeskanzler um 14 Uhr die Quarantäne für Ischgl/Paznaun und St. Anton ankündigt, bricht unter den Gästen Panik aus. Von den Pisten weg laufen sie zu ihren Autos, besteigen übervolle Busse, um noch den Zug zu kriegen. Doch die ÖBB haben die Ankündigung des Kanzlers via TV für bare Münze genommen und lassen ihre Züge nicht mehr in St. Anton anhalten. Anstürmende Gäste bleiben dicht aneinandergedrängt in der Bahnhofshalle stecken.
Während Tausende aus dem Tal flüchten, gibt es noch keine rechtliche Grundlage dafür, die Abreisenden zu kontrollieren bzw. aufzuhalten. Die zuständige Behörde, die Bezirkshauptmannschaft Landeck, wartet auf Unterlagen der Landesregierung und fängt mit der Formulierung der Verordnung erst an, als Tausende bereits das Tal verlassen und das Virus in die Welt hinausgetragen haben.
Die Polizei, die brav ihre Checkpoints aufgestellt hat, darf die Flüchtenden nicht aufhalten, sondern nur Verkehrskontrollen machen. Der Tourismusverband legt um 15 Uhr noch ein Schäuferl nach und informiert die Beherbergungsbetriebe, dass eine Abreise “aktuell ungehindert” möglich sei. Das trifft ja auch zu, befeuert aber das Abreisechaos.
Erst um 16.20 Uhr, als viele schon weg sind, wird die Polizei an den Checkpoints darüber informiert, dass sie Österreicher und Personal zurückschicken müssen, in die Quarantäne, und sie nicht ausreisen lassen dürfen. Erst um 17.15 Uhr erhält die Polizei die Instruktion, dass die ausländischen Gäste nur dann ausreisen dürfen, wenn sie zuvor ein “Gästeblatt” ausgefüllt haben, das erst kurz davor den Hotels zugeschickt worden war. Bis dahin sind die meisten Gäste schon weg – unkontrolliert.
Der eigentliche Zweck einer Quarantäne, die Abschottung der Erkrankten bzw. möglicherweise Erkrankten – wurde durch dieses Chaos völlig unterlaufen. Auch die beabsichtigte rasche Information von Heimatgemeinden der ausländischem Touristen, ging in die Hose. Die Gästeblätter hätten es den Gesundheitsbehörden in der Heimat ermöglichen sollen, ihre Leute gesundheitlich zu betreuen und die Ausbreitung des Virus zu verhindern. , um zu Hause eine gesundheitliche Kontrolle sicher zu stellen und eine Verbreitung des Virus zu unterbinden.
Damit nicht genug, gibt es noch andere skurrile Pannen und Ausnahmen. So glaubte die Polzei in Ischgl bis knapp vor der Presssekonferenz des Bundeskanzlers, dass nur der Ort Ischgl abgeschottet werden sollte und nicht gleich das ganze Paznauntal.
So wurde ein Ortsteil von St. Anton ( St. Christoph am Arlberg), von der Quarantäne ausgenommen und somit ein Schlupfloch auch für Gäste aus St. Anton geöffnet.
Spät am Abend, als die Quarantäne-Verordnung um 19.19 endlich fertig ist und verschickt wird, tritt sie in Ischgl nicht sofort in Kraft, sondern erst am nächsten Tag, Samstag in der Früh. Dadurch haben alle Tagespendler, einheimische Mitarbeiter von Geschäften und Seilbahnen noch genug Zeit, legal auszureisen. Denn entgegen der ursprünglichen Ankündigung ist auch einheimisches Personal von der Quarantäne erfasst. Und noch ein Problem wird dadurch gelöst: die vielen Tagestouristen, die nur für einen Tag ins Paznaun zum Skifahren gekommen sind, können ebenfalls noch abreisen und man muss sie in Ischgl nicht vierzehn Tage lang versorgen. Die Initiative für diese Verschiebung kam von der Tourismuswirtschaft und wurde offenbar von Politik und Behörden unterstützt.