Bei den 8 bis 10 Millionen handelt es sich um Dieselfahrzeuge der Euroklassen 5 und 6 (wurden bis September 2017 gebaut, bis September 2019), die noch immer mit viel zu hohen Abgasen unterwegs sind. Alle Marken seien betroffen. Statt über eine noch strengere Norm Euro 7 nachzudenken, würde es genügen, wenn Regierung und Autohersteller rasch für eine Einhaltung der bestehenden Normen sorgen, so Resch, um die NOX-Immissonsgrenzwerte in Städten einzuhalten. Bei Euro 5 Dieselautos, die meist mit einer billigen AGR ausgestattet sind, wäre der nachträgliche Einbau eines SCR-Kat eine mögliche Lösung, ansonsten müsse man sie verschrotten. Bei Euro 6 Dieselautos, die bereits mit einem SCR-Kat ausgestattet sind, kommt es auf die Qualität der SCR-Kats an. Nur bei gut gebauten SCR-Kats wie beim E 350 Mercedes mache es Sinn, alle Abschalteinrichtungen zu entfernen. Allerdings muss nachher die Dosis für den beigemischten Harnstoff („AdBlue“) verdoppelt werden. Die DUH geht davon aus, dass bei den gesetzlich angeordneten Rückrufen Daimler alle illegalen Abschalteinrichtungen entfernt haben, ausgenommen die Betrugsfenster. Was bei den vielen freiwilligen Rückrufen passiert sei, wisse man nicht. In Österreich sind (Stand Ende 2020) 23.000 Daimler-Dieselfahrzeuge gesetzlich und weitere 60.000 freiwillig zurückgerufen worden.
Dass der E 350 Mercedes acht verschiedene Abschalteinrichtungen eingebaut hatte, zeigt ein umfassendes Gutachten des Technik-Experten Felix Domke im Auftrag der Rechtsanwaltskanzlei Milberg, das ebenfalls veröffentlicht wurde. Dieser Technik-Experte schaute sich genau an, wie die Software funktioniert, die den Motor steuert. Sechs der acht illegalen Abschalteinrichtungen betreffen den SCR-Kat, zwei den AGR. Grob zusammengefasst wurde die an und für sich funktionierende SCR-Abgasreduktion nicht nur bei bestimmten Außentemperaturen außer Kraft gesetzt (wie bisher als „Betrugsfenster“ bekannt). Sondern es wurden gewisse Schwellenwerte (z. B SCR-Temperatur, Abgasmasse) nach einer bestimmten Kilometeranzahl hinaufgeschraubt, sodass der SCR-Kat erst viel später zu arbeiten begann. So wurde ausgerechnet dann, wenn eine hohe Konzentration von Stickoxid (Nox) zusammenkann, die Effizienz des SCR Kat systematisch reduziert.
Die Tatsache, dass es für diese illegalen Abschalteinrichtungen stets eine spezielle Software entwickelt wurde (zusammen mit Zulieferanten wie Bosch), ist für Dr. Friedrich der schlagende Beweis, dass hier mit „Vorsatz“ gehandelt wurde. Dafür sprechen auch die illegalen Kartellabsprachen (etwa für den Einbau zu kleiner AdBlue-Tanks), für die deutsche Autohersteller bereits verurteilt worden sind.
Die Rechtsanwaltskanzlei Milberg plant demnächst, in Deutschland und Großbritannien zu klagen. Man habe den Käufern nicht das geliefert, was versprochen war und diese hätten dafür einen zu hohen Preis gezahlt. Daher stehe ihnen Schadenersatz zu.