Noch im Sommer hatte die Umweltorganisation „Transport&Environment“ dem Konzern Strafen von 1,6 Milliarden Euro prognostiziert, weil er für 2020 sein CO2 Flottenziel um 5 Gramm verfehlen würde. Nun hat VW selbst bekanntgegeben, sein CO2 Flottenziel nur um ein halbes Gramm zu verfehlen, also 99,8 statt der nötigen 99,3 Gramm pro gefahrenem Kilometer. Bei 2,7 Millionen verkauften Neuwagen in Europa und 47,5 Euro Strafe pro Auto (ein Gramm „kostet“ 95 Euro, ein halbes 47,5 Euro) ergeben sich die genannten 128 Millionen Euro.
Unbestritten haben auch neuere Elektro- und Hybridmodelle und sparsamere Modelle dazu beigetragen, die ursprüngliche Zielverfehlung zu verkleinern, doch waren dies nicht ausschlaggebend. So kam der für Jahresanfang angekündigte ID.3 erst mit rasanter Verspätung im Herbst in den Verkauf. Verblüffend, aber wahr: profitiert hat der VW Konzern auch vom massiven Rückgang der Neuwagenverkäufe in Europa. Hätte der Konzern für 2020 nicht um 760.000 Autos weniger verkauft (-21,9 Prozent nach vorläufigen Zahlen), hätte die Strafe 164 Millionen Euro ausgemacht, um 36 Millionen Euro mehr.
Massiv geholfen hat VW das sogenannte „Pooling“, das allen Autoherstellern frei steht und daher völlig legal ist. Ein großer Autobauer mit hohem CO2 Flottenverbrauch kooperiert mit kleineren Autobauern mit niedrigerem CO2 Flottenverbrauch und senkt so – rein rechnerisch – den eigenen Durchschnitt. Dafür musste VW natürlich zahlen. Wieviel, werden wir noch sehen.
Schön für alle Autohersteller, dass sie 5% ihrer größten Spritfresser für 2020 aus dieser Rechnerei herausnehmen dürfen. Ganz praktisch auch, dass die Konzerne für ihre Elektromodelle auch noch „Supercredits“ angerechnet bekommen.
Das größte Entgegenkommen ist, dass die CO2 Flottenziele für das Jahr 2020 ausnahmslos nach dem alten, völlig realitätsfremden Messzyklus NEFZ gemessen werden dürfen und nicht nach der strengeren, realitätsnäheren WLTP. Der Unterschied sind stolze 28 Prozent.
Anders gesagt. In Wahrheit stoßen die von VW verkauften Neuwagen im Schnitt 127,10 Gramm (lt WLTP) pro gefahrenen Kilometer aus und nicht „nur“ 99,3 Gramm (NEFZ). Würde man den realistischeren Verbrauch gemessen nach WLTP heranziehen, müsste VW stolze 7,1 Milliarden Euro Strafe zahlen und nicht 128 Millionen Euro. Man sieht: die Rückrechnerei auf die alten weltfremden Werte ist eine ziemliche Marscherleichterung, die sich die Branche ganz legal herausverhandelt hat.
Tja, die Autoindustrie konnte es sich (wieder einmal) richten und darf sich brüsten, die papierenen Umweltvorschriften fast erreicht zu haben.