Der Reihe nach: Im Jahr 2016 (aktuellste Daten) machten die Stickstoffoxid-Emissionen in Österreich laut Umweltbundesamt insgesamt 139.000 Tonnen aus. Erlaubt sich laut EU-Vorschrift seit 2010 aber nur 103.000 Tonnen. Trotzdem gibt es kein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich. Warum nicht?
Österreichs Regierung hat in Brüssel damit argumentiert, dass stolze 33.400 Tonnen Stickstoffoxid auf Diesel-Pkw zurückzuführen sind, die mehr Stickstoffoxid ausstoßen ihr Grenzwert erlaubt. Da Österreich nicht für die Typisierung dieser Autos zuständig gewesen sei, habe Österreich gar keine Chance gehabt, diesen Unterschied zu beeinflussen. Daher müsse man diese 33.400 Tonnen wegrechnen, so dass man nur mehr auf 105.600 Tonnen kommt und das Limit nur mehr knapp verpasst.
Die EU-Kommission hat sich dieser Argumentation Österreichs angeschlossen, bestätigt Günther Lichtblau vom Umweltbundesamt auf meine Anfrage. Danke dieses Deals aus Pappe ist die Welt also halbwegs in Ordnung. Aber nicht in Realität.
Halten wir uns vor Augen: Unsere Regierung weiß schwarz auf weiß, dass gut ein Viertel der gesamten Stickstoffoxid-Emissionen von Diesel-Pkw stammen, die viel zuviel gesundheits- und umweltschädigendes Stickstoffoxid ausstoßen! Sie meldet diese gigantische Differenz von 33.400 Tonnen sogar ganz amtlich nach Brüssel!
Obwohl die Regierung um das enorme Ausmaß des Schadens weiß – ein Viertel des Ganzen! – denkt sie nicht im Geringsten daran, sofort effiziente Maßnahmen zu setzten, um den Schaden zu begrenzen. Indem man zum Beispiel die Hersteller manipulierter Diesel-Pkw auch in Österreich dazu zwingt, Nachrüstungen auf eigene Kosten durchzuführen- dort wo sie sinnvoll und effizient sind! Oder effiziente Software-Updates so rasch als möglich aufzuspielen (etwa bei Euro 6 Diesel-Pkw), um die abgassenkende Harnstofflösung „AdBlue“ in der richtigen Dosis ein zu spritzen! Nichts von dem wird gemacht! Stattdessen übt man sich in Symbol-Politik und vergrößert die Stickstoffoxid-Emissionen durch 140-Tempolimits auf Autobahnen.
Die Regierung beschränkt sich darauf, die 33.400 Tonnen auf dem Papier verschwinden zu lassen. In “echt” lösen sich diese Abgase leider nicht in Luft auf, wie wir aus der Immissions-Statistik sehen können, die selbst in Österreich 27 stark belastete Überschreitungsregionen aufweist, obwohl das Messstellen-Netz eher löchrig und keineswegs flächendeckend ist.
Um korrekt zu bleiben: Nicht sämtliche 33.400 Tonnen gehen auf Abgasmanipulationen durch den VW-Konzern zurück. Denn bei dieser Zahl wird laut Günther Lichtblau vom Umweltbundesamt nicht unterschieden „welcher Teil durch legale oder illegale Umstände zustande kamen. Diese Differenz umfasst alle Dieselfahrzeuge aller Typen.“
Wenn Österreichs Regierung ihre Argumentation konsequent verfolgt, müsste sie alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um gegen die Verursacher vorzugehen. Etwa gegen das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt (KBA), das die meisten Autos des VW Konzerns typisiert hat. Solange das nicht geschieht, muss sich die von der Regierung im Stich gelassene Zivilgesellschaft selbst helfen.
Eine Möglichkeit ist, Druck gegen VW aufzubauen, indem man sich auch als Österreicher an der neuen Sammelklage in Deutschland beteiligt. Der Verbraucherschutzverein (VSV) bietet seinen Mitgliedern (30 Euro pro Jahr) nach wie vor Hilfestellung bei der Musterfeststellungsklage gegen VW an. Über www.klagen-ohne-risiko.at kann man bis 30.11.2018 noch teilnehmen.
„Wir streben an, dass sich möglichst viele VW-Geschädigte auch aus Österreich und Südtirol bei der Klage des vzbv in Deutschland anmelden. Nir so kann man VW wirksam zur Verantwortung ziehen,“ zeigt Kolba das Ziel der Aktion auf, die ich mit dem VSV ebenfalls unterstütze