Aber schön der Reihe nach. Nach Auffliegen des VW-Abgasskandals hatte die EU-Kommission Stärke signalisiert und durchgesetzt, dass die strengere Prüfmethode „WLPC“ auf September 2017 vorgezogen wird. Abgase und CO2 Emissionen sollten damit strenger gemessen werden, so das Signal der Kommission. Sowas wie beim VW Skandal sollte nicht mehr passieren.
Alle Tests zeigen: allein durch die neue, strengere Messmethode werden Treibstoffverbrauch und CO2 Emissionen um 11 bis 20 Prozent nach oben schnellen! Ein PKW mit 150 Gramm CO2-Ausstoß springt dann gleich auf 166,5 Gramm Normverbrauch – mindestens!
Diese messbedingte Erhöhung macht es den Autoherstellern in Europa aber schwer bis unmöglich, das sogenannte CO2 Flottenziel zu erreichen. Das CO2 Flottenziel wurde vor Jahren beschlossen, um die CO2 Emissionen neuer Fahrzeuge stufenweise zu senken- im Jahr 2020 sollte er im Schnitt nur mehr 95 Gramm ausmachen. Für jeden Autokonzern in Europa gibt es ein spezifisches Flottenziel, je nachdem wie schwer und umweltfreundlich die Autos sind. Kann ein Autokonzern sein spezifisches CO2 Flottenziel nicht eingehalten, drohen ihm enorme Strafzahlungen
Wer sein Flottenziel um ein Gramm verfehlt, muss 95 Euro Strafe zahlen – für jedes Auto, das in Europa in diesem Jahr verkauft wurde! Bei 1 Million verkaufter Autos und 5 Gramm Überschreitung käme man zum Beispiel auf eine stolze Strafe von 475 Millionen Euro! Es geht also um viel Geld.
Meine Recherchen in Österreich bestätigen das, was die Süddeutsche Zeitung (SZ, „Zum Wohle des deutschen Autos“) schon vergangenen Sommer aufgedeckt hat: vor allem die deutschen Hersteller „großer“ Autos (wie BMW, Daimler) fürchten sich vor einer „Verstrengerung“ der CO2-Werte. Schließlich hatte man bereits im Jahr 2013 feststellen müsüsen, dass die deutschen Hersteller beim CO2- Flottenziel um über 10 Gramm höher liegen als der Rest der EU. Sogar nach dem Auffliegen der Stickoxid-Manipulationen bei VW und nach dem Verdacht, dass 30 der untersuchten 53 Autos höhere CO2 Werte haben als angegeben, blieb die deutsche Autoindustrie und die deutsche Bundesregierung bei ihrer ursprünglichen Linie, die CO2-Grenzwerte nicht zu „verstrengern“ – jedenfalls nicht in den Jahren 2017/18.
Verlässliche Quellen in Österreich bestätigen, wie dieses kniffelige Problem gelöst wird: Für die Berechnung des CO2 Flottenziels nimmt man nicht die neue, strengere Messmethode her, sondern die alte und realitätsferne Messmethode „NEFZ“! Von einem Insider erfahre ich, wie das gehen soll: „Man führt nicht zwei Messungen durch, sondern misst zuerst nach der neuen Methode. Dann rechnet man die Ergebnisse auf die alte Methode zurück“. Das nennt sich dann „Umrechnungsfaktor“.
Für mich ist das Augenauswischerei in Reinkultur! Offiziell gilt die neue, strengere Messmethode, sodass die EU zeigen kann, dass sie Konsequenzen aus dem VW-Skandal zieht und die Umwelt besser schützt. Dort, wo es den Autokonzernen weh tut, bleibt aber die alte, viel schleißigere Meßmethode in Kraft! Und die Zuständigen in Europa nicken diesen Schwindel auch noch ab. .
Während die Autohersteller also ungeschoren bleiben, droht eine neue Kostenlawine auf die Autokäufer zuzurollen. Insbesondere in Österreich. Aber das ist eine weitere Geschichte.