Es geht hier um zivilrechtliche Fälle, in denen die gesetzliche Gewährleistungsfrist noch offen ist, also zwei Jahre nach Übergabe (nicht: Kauf) des Fahrzeugs. Liegt, wie im Falle der manipulierten VW Fahrzeuge, von Anfang an ein wesentlicher Mangel vor, muss in drei Schritten vorgegangen werden.
Erstens muss zunächst versucht werden, den Mangel zu verbessern, etwa durch Rückruf des Fahrzeugs in die Werkstätte. Ist das nicht möglich, weil sich der Mangel technisch nicht beheben lässt, muss zweitens probiert werden, das fehlerhafte Produkt auszutauschen: das mangelhafte Fahrzeug muss gegen ein gleiches Fahrzeug ausgetauscht werden, das diesen Mangel eben nicht hat. Im Falle VW ist das praktisch unmöglich, weil ja alle Diesel-Fahrzeugtypen der EURO Norm 5, die zwischen 2008 und 2015 zugelassen wurden, manipuliert worden sind.
Jetzt kommt der dritte und nächste Schritt ins Spiel: die sogenannte Rückabwicklung des Kaufvertrages (= Wandlung). Konkret bedeutet das: die Kunden geben das Auto an VW zurück und bekommen den Kaufpreis zurück. Allerdings nicht den vollständigen Kaufpreis sondern etwas weniger, denn immerhin sind sie mit dem Fahrzeug in der Zwischenzeit gefahren. Dafür hat der Händler aber Zinsen für den Kaufpreis zu bezahlen.
Zurück zu Schritt 1: Die Verbesserung eines wesentlichen Mangels, so Mag. Poduschka, muss innerhalb einer „ angemessenen Frist“ erfolgen. So will es der Paragraph 932 Abs 2 ABGB. Was heißt angemessen? „Üblicherweise muss innerhalb von zwei Wochen der Mangel behoben werden, in komplizierteren Fällen binnen zwei oder drei Monaten“, beruft sich Mag. Poduschka auf die Praxis in Österreich.
Zwar hat VW Schritt 1 angekündigt und einen genauen Rückrufplan für 2016 in Aussicht gestellt. Mit Ausnahme des Amarok, der ein absolutes Minderheitenprogramm darstellt, ist jedoch bis heute nicht einmal ein Verbesserungsversuch erfolgt. Auf dem Rückruf der Passats und Tiguans warten die Kunden bisher vergebens, obwohl von VW eine Umrüstung ab Jahresanfang 2016 versprochen wurde.
Weil die angemessene Frist verstrichen ist, hat VW die Chance auf Verbesserung des Mangels verspielt, meint Poduschka. „Meiner Meinung nach genügt ein Rückruf nicht mehr. Da die Verbesserung im Fall VW nicht innerhalb einer angemessenen Frist angeboten wurde, bleibt als Option nur mehr der letzte Schritt, die Wandlung des Kaufvertrags“, betont der Rechtsanwalt.
Er räumt allerdings ein, dass man mit dem Fall VW juristisch Neuland betritt. Was rechtlich gilt, wird sich erst herausstellen, wenn ausreichend viel Klagen alle Instanzen hindurch bis zum Obersten Gerichtshof (OGH) ausverhandelt sind. Je mehr Klagen eingebracht werden, desto höher die Chancen, dass sich die rechtlichen Nebel lichten. Zusätzlich zu den 30 bereits eingereichten Klagen hat er noch „80 bis 90 Kläger in der Pipeline“.
Poduschka bekämpft die VW Gruppe nicht nur auf zivilrechtlichem Wege, sondern auch auf strafrechtlichem: Zwei Anzeigen hat er bei der Staatsanwaltschaft eingebracht – einmal wegen des Verdachts des Betruges, einmal wegen Gemeingefährdung von Mensch und Umwelt.
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